Die Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen ist da!
Die Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen ist da!
Nach langer Vorarbeit, Konsultationen, Ressortabstimmungen und insbesondere dem aktivem Engagement vieler Menschen aus dem SEND-Kosmos über die letzten Jahre, insbesondere bei der #Wegebereiten-Kampagne, ist nun die Nationale Strategie im Bundeskabinett verabschiedet worden.
Die Verabschiedung der Nationalen Strategie ist ein wichtiger Schritt und ein deutliches Signal, dass die Bundesregierung die Themen Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientiertes Unternehmertum als relevant und wirkungsvoll anerkennt. In Richtung Community ist die Botschaft klar: Eure Arbeit verdient Aufmerksamkeit und aktive Unterstützung durch die Politik, weil sie einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung der gesellschaftlichen Transformation leistet. Insgesamt legt die Nationale Strategie inhaltlich ein gutes Fundament, auf dem für die weitere Legislatur und darüber hinaus aufgebaut werden kann und sollte. Es werden wichtige Weichen in den sieben Leitlinien und elf Handlungsfeldern gestellt.
Gleichzeitig spiegelt die Nationale Strategie in ihrem grundsätzlichen Ambitions- und Konkretisierungsgrad die oftmals komplexen Abstimmungsprozesse innerhalb der Bundesregierung wider. Für die verbleibende Legislatur sehen wir daher insbesondere in den folgenden drei Bereichen konkrete Chancen und gleichzeitig noch weiteren Handlungsbedarf.
I. Finanzierungs- und Förderungsoptionen für Sozialunternehmen effektiv stärken
Mit der Verfügbarkeit von bedarfsgerechter Finanzierung steht und fällt die weitere Entwicklung und Potentialentfaltung des sozial-innovativen und sozialunternehmerischen Ökosystems in Deutschland. Die Nationale Strategie beinhaltet ein Bündel von Maßnahmen (bzw. deren Prüfung), die geeignet sind, die Finanzierungs- und Förderoptionen nachhaltig zu verbessern.
Die Öffnung weiterer wirtschaftspolitischer Förderprogramme für gemeinwohlorientierte KMU sowie von Programmen der öffentlichen Innovations- und Forschungsförderung (Handlungsfeld 1) leitet einen nötigen Paradigmenwechsel ein, der eine bestehende Benachteiligung endlich abbauen soll. Eine nominelle Öffnung muss allerdings spezifisch und effektiv in der Praxis umgesetzt werden, wie z.B. über eine Öffnung der KfW Förderkreditprogramme für gemeinnützige KMU, auch ohne Körperschaftssteuerpflicht (Handlungsfeld 6). Die Öffnung des INVEST-Zuschusses für Mezzanine-Finanzierung bzw. nicht-exitorientierte Unternehmen (Handlungsfeld 6) könnte in dieser Hinsicht ein wirksamer Meilenstein werden. Hier kommt es jetzt auf eine zügige Umsetzung an. Auch in der bedarfsgerechten Weiterentwicklung des Mikromezzaninefonds und der Nutzung der RegioInnoGrowth (RIG) Mittel aus dem Zukunftsfonds (beide Maßnahmen aus Handlungsfeld 6) steckt enormes Potential zur Stärkung der sozialunternehmerischen Akteure, solange in der konkreten Ausgestaltung die Bedürfnisse von Gemeinwohlorientierten Unternehmer:innen entschieden berücksichtigt werden (Beispiel: Lockerung der persönlichen Haftungserfordernis beim Mikromezzaninefonds).
Um die Verfügbarkeit von passgenauer Finanzierung für Gemeinwohlorientiertes Unternehmertum nachhaltig strukturell zu verbessern, sind insbesondere zwei Maßnahmen und die Qualität ihrer Umsetzung entscheidend.
- Ein Pilotinvestment in einen Impact-Investments-Fonds (Handlungsfeld 6), der speziell Gemeinwohlorientierte Unternehmen mit Mezzanine-Wachstumskapital unterstützt, kann der bedarfsgerechten Wagniskapitalfinanzierung von Sozialunternehmen einen wichtigen Schub verleihen. Letztlich bleibt aber die Neuschaffung eines dezidierten Instruments in diesem Bereich ein wichtiges Marktsignal und könnte einen wesentlichen Beitrag zur verbesserten Verfügbarkeit und Passgenauigkeit von Wagniskapital für Sozialunternehmen leisten.
- Die Nutzung von Guthaben auf “verwaisten” Konten für die Förderung von Sozialen Innovationen und Sozialunternehmertum (Handlungsfeld 6) durch einen Social Impact Fonds kann mittel- bis langfristig die Finanzierungslandschaft für Soziale Innovationen und Sozialunternehmen nachhaltig positiv verändern. Nötig dafür ist eine entsprechende gesetzliche Umsetzung, welche die rechtlichen Möglichkeiten und das Potential innovativer Finanzierungsinstrumente ausschöpft. Hier zeigen internationale Beispiele einen Weg auf, wie zusätzliches Lösungskapital mobilisiert, durch kluge Matching-Mechanismen gehebelt und wirkungsorientiert eingesetzt werden kann.
Speziell bei diesen beiden Maßnahmen braucht es zeitnah konkrete Schritte, damit sie noch in dieser Legislatur umgesetzt werden können. Eine zügige Umsetzung dieses Punkte würde dem dem gemeinwohlorientierten Ökosystem greifbare Andockpunkte bieten, die über eine reine Signalwirkung hinausgehen.
II. Jetzt die systemischen Weichen für verbesserte Rahmenbedingungen stellen
Die Nationale Strategie enthält in ihren Leitlinien und Handlungsfeldern eine Vielzahl von Hinweisen auf systemische Veränderungen, die bei konsequenter Umsetzung das Potential von Sozialen Innovationen und Gemeinwohlorientierten Unternehmen nachhaltig entfalten könnten:
- Die Leitlinie 7 der Nationalen Strategie lautet: “Die Bundesregierung versteht Innovationen systemisch und betrachtet Soziale Innovationen als gleichwertig.” Wenn dieser Paradigmenwechsel künftig konsequent in Politik und Verwaltung gelebt wird, dann könnte sich dieser Satz als der wirksamste der Nationalen Strategie erweisen. Für das Ökosystem wird er eine zentrale Benchmark für das Handeln der Bundesregierung.
- Der Abbau bürokratischer Hürden im Gemeinnützigkeitsrecht (Handlungsfeld 1) für innovatives Handeln von gemeinnützigen Akteuren wird von der Bundesregierung zugesagt. Wenn hier zügig und ambitioniert losgelegt wird, kann das erhebliche Ressourcen bei einer Vielzahl von Organisationen freisetzen und ihre soziale Innovationskraft erhöhen.
- Zur öffentlichen Beschaffung (Handlungsfeld 4) stellt die Bundesregierung fest, dass sie “die öffentliche Beschaffung und Vergabe wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ ausrichten” wird. Bei konsequenter Umsetzung wird dieses langfristig eine Nachfrage generieren, die erhebliche Entwicklungschancen für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen bietet und den beidseitigen Kompetenzaufbau zur Kooperation in Verwaltung und in unseren Ökosystem wichtig und dringend macht.
- Die Bundesregierung sagt ihre Unterstützung für die Europäische Kommission (Handlungsfeld 11) zu, damit “konkrete Verbesserungen in verschiedenen Bereichen wie der öffentlichen Vergabe, dem Zugang zu Finanzmitteln oder den rechtlichen Rahmenbedingungen” geschaffen werden. Dieses kann ebenso breiten- und tiefenwirksam werden, wie der Einsatz bei der Kommission dafür, “das Beihilferecht für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen besser auszugestalten”.
Diese Ansätze der systemischen Verbesserung elementarer Rahmenbedingungen von Sozialen Innovationen und Gemeinwohlorientierten Unternehmen können nochmals deutlich durch folgende Maßnahmen gestärkt werden:
- Die Nationale Strategie enthält bedauerlicherweise kein Bekenntnis zur Schaffung der neuen Rechtsform “Gesellschaft mit gebundenem Vermögen”, die für viele Gemeinwohlorientierte Unternehmen ein vielversprechender gesellschaftsrechtlicher Ansatz ist. Hier werden wir die Prüfung der “Verbesserungen im Gesellschafts- und Genossenschaftsrecht zur Förderung des gemeinwohlorientierten Wirtschaftens” (Handlungsfeld 1) aufmerksam verfolgen und begleiten.
- In Handlungsfeld 3 hält die Nationale Strategie zutreffend fest: “Viele Soziale Innovationen schließen Lücken in der öffentlichen Daseinsvorsorge. Solche erprobten Lösungen könnten über staatliche Strukturen in die Breite gebracht werden, um die Wirksamkeit staatlicher Leistungen zu steigern.” Es bleibt jedoch unklar, wie die Bundesregierung “zivilgesellschaftliche Initiativen in das Ökosystem für Soziale Innovationen partnerschaftlich einbeziehen” und ihnen eine Skalierungsperspektive bieten will. Hier liegt ein zentraler Punkt für etablierte Sozialunternehmen, die hier konkrete Lösungspfade brauchen.
III. Verbindliche Strukturen und Prozesse zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Nationalen Strategie schaffen
Mit der Nationalen Strategie besteht die Chance, das Thema Soziale Innovationen und Sozialunternehmertum grundsätzlich und in der ressort- und sektorenübergreifenden Breite stärker zu verankern und mittelfristig die Rahmenbedingungen für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen deutlich zu verbessern. Dies kann nur gelingen, wenn die gemeinsamen Ziele genau definiert sind, Verantwortungsbereiche klar abgestimmt werden und die Zusammenarbeit konstruktiv und zielgerichtet abläuft.
Daher begrüßen wir die Maßnahmen zur Stärkung der interministeriellen Zusammenarbeit (Handlungsfeld 3), inkl. der Verankerung von Ansprechpartner:innen in allen Ressorts (Handlungsfeld 10) und die Etablierung von sektorübergreifenden Austauschformaten (Ausblick). Erfolgsentscheidend für die Nationale Strategie wird die Robustheit der Fortschrittskontrolle sowie ihre bedürfnis- und wirkungsorientierte Weiterentwicklung. Hier wäre von der Bundesregierung als “lernendem Partner” (Präambel) mehr Mut zu einer sektorenübergreifenden Governance für eine lernende Strategie wünschenswert gewesen, hier ist also noch Potential für Entwicklung. So bleibt die Frage, mit welchen Wagemut nun zeitnah konkrete Ziele und Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Nationalen Strategie auf den Weg gebracht werden.
Mithilfe einer ressortübergreifenden, gemeinsamen Anstrengung in diesen drei Bereichen sollte noch in dieser Legislatur die wirkungsvolle Entfaltung des sozial-innovativen und sozialunternehmerischen Sektors gestärkt werden. Durch eine Konkretisierung der offenen Punkte, zügige Klärung von Prüfungsvorbehalten und Nachschärfung bei ungenauen Zielversprechen würde die Nationale Strategie zusätzliche Power entwickeln und ihr Potential vollumfänglicher ausschöpfen.
Wir freuen uns insgesamt sehr, dass die Bundesregierung die Bedeutung des Themas erkannt hat und werden die Umsetzung und Weiterentwicklung der Nationalen Strategie weiterhin tatkräftig und konstruktiv begleiten.
Den vollständigen Text findet Ihr hier.
Wir bleiben dran und halten Euch auf dem Laufenden.
Hier findest Du die ausführliche Nationale Strategie und unsere Pressemitteilung!
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