Wahlprüfsteine: Was können Social Entrepreneurs von den Parteien erwarten?

14.09.2021

Wahlprüfsteine zum Thema Soziale Innovationen und Social Entrepreneurship

Bereits die Ver­öf­fent­li­chung der Wahl­pro­gram­me hat uns viel Vor­freu­de auf die kom­men­de Legis­la­tur­pe­ri­ode beschert. Eine Ver­bes­se­rung der Unter­stüt­zung von Sozia­len Inno­va­tio­nen und Sozi­al­un­ter­neh­mer­tum wurde von CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen auf­ge­nom­men. Wir freuen uns über die par­tei­über­grei­fen­de Unter­stüt­zung und sehen darin großes Poten­zi­al, dass gesell­schaft­li­che Problemlöser:innen mit der nächs­ten Bun­des­re­gie­rung endlich bessere Rah­men­be­din­gun­gen bekom­men! Mit unseren Wahl­prüf­stei­nen haben wir bei den Par­tei­en noch einmal genauer nach­ge­hakt, welche Maß­nah­men sie in den kom­men­den vier Jahren auf den Weg bringen wollen! 

Was sind Wahlprüfsteine?

Wahl­prüf­stei­ne sind Anfra­gen von Inter­es­sen­ver­bän­den und die darauf erfolg­ten Ant­wor­ten der befrag­ten Par­tei­en zu einem bestimm­ten Thema. Die SEND-Wahl­prüf­stei­ne ergeben sich aus unseren wich­tigs­ten Hand­lungs­emp­feh­lun­gen an die Politik, zusam­men­ge­fasst in unserem Posi­ti­ons­pa­pier „Social Entre­pre­neur­ship: Nach­hal­ti­ge Wert­schöp­fung und gesell­schaft­li­che Inno­va­ti­on“. Diese haben wir auf acht Fragen run­ter­ge­bro­chen und bei den Par­tei­en CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen ein­ge­reicht.  

Im Fol­gen­den stellen wir unsere acht Wahl­prüf­stei­ne mit einer kurzen Ein­schät­zung vor. Alle Ant­wor­ten der ein­zel­nen Par­tei­en auf unsere Fragen findet Ihr im Wort­laut hier

Farb­be­deu­tung: Unsere Hand­lungs­emp­feh­lun­gen werden Rot = nicht erfüllt I Gelb = teil­wei­se erfüllt I Grün = größ­ten­teils erfüllt

Soziale Innovationsstrategie & Koordination

Wir fordern den Aufbau einer kohä­ren­ten Sozia­len Inno­va­ti­ons­stra­te­gie, eine res­sort­über­grei­fen­de Koor­di­na­ti­ons­stel­le, sowie eine öffent­lich aner­kann­te Defi­ni­ti­on für Social Entre­pre­neur­ship, basie­rend auf den bestehen­den Vor­schlä­gen aus Wis­sen­schaft und Praxis. Wie ist Ihre Posi­ti­on dazu? 

CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen spre­chen sich klar für eine soziale Inno­va­ti­ons­stra­te­gie und eine res­sort­über­grei­fen­de Koor­di­nie­rung aus, die dem Quer­schnitts­the­ma Social Entre­pre­neur­ship Rech­nung trägt. DIE LINKE bleibt unkon­kre­ter, kann sich aber eine öffent­li­che Inno­va­ti­ons­stra­te­gie vor­stel­len, die eine Bindung des Mit­tel­ein­sat­zes an soziale, öko­no­mi­sche und öko­lo­gi­sche Ziele vorgibt. 

Unser Posi­ti­ons­pa­pier: Für eine Gesell­schaft, in der alle Men­schen am Fort­schritt teilhaben

Finanzierungs- und Förderinstrumente

Viele Finan­zie­rungs- und För­der­instru­men­te der Inno­va­tions- und Grün­dungs­för­de­rung schlie­ßen Social Entre­pre­neurs aus und benach­tei­li­gen sie damit gegen­über anderen Gründer:innen. Dazu fehlt es laut Sus­tainable Finance Beirat an ziel­grup­pen­spe­zi­fi­schen Instru­men­ten. Wie möchten Sie dies ändern?

SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen wollen sowohl bestehen­de Finan­zie­rungs- und För­der­instru­men­te der Inno­va­tions- und Grün­dungs­för­de­rung für Sozi­al­un­ter­neh­men öffnen als auch neue ziel­grup­pen­spe­zi­fi­sche Instru­men­te umset­zen. CDU/CSU möchten eine Öffnung prüfen und sich für die Erpro­bung ziel­grup­pen­spe­zi­fi­scher Finan­zie­rungs­in­stru­men­te ein­set­zen. Da inzwi­schen viele Studien (u.a. vom BMWi, Sus­tainable Finance Beirat, High­tech-Forum) den Hand­lungs­be­darf deut­lich auf­ge­zeigt haben, sind Erpro­bung und Prüfung nicht aus­rei­chend. DIE LINKE will die Grün­dungs- und Inno­va­ti­ons­fi­nan­zie­rung gene­rell neu aus­rich­ten und hierfür gemein­sam mit gemeinwohl­ori­en­tier­ten Unter­neh­mer:innen dis­ku­tie­ren und Lösun­gen auf die Finan­zie­rungs­fra­ge suchen. Auch da hätten wir uns beim aktu­el­len Wis­sen­stand kon­kre­te­res gewünscht.  

Unser Posi­ti­ons­pa­pier: Finan­zie­rung von Social Entrepreneurship

Nachrichtenlose Vermögenswerte

Deutsch­land hat als ein­zi­ges G7-Land keine Rege­lung für “nach­rich­ten­lo­se Ver­mö­gens­wer­te”. Wir schla­gen vor, diese Gelder für einen Social Impact Fonds zu nutzen. High­tech-Forum, Sus­tainable Finance Beirat und BMWi-Beirat junge digi­ta­le Wirt­schaft unter­stüt­zen dies. Wie ist Ihre Posi­ti­on dazu? 

Während sich Bündnis 90/Die Grünen und FDP deut­lich für einen Social Impact Fonds aus­spre­chen, der über “nach­rich­ten­lo­se Ver­mö­gens­wer­te und damit ohne eine Belas­tung der Steuerzahler:innen erfol­gen soll, wollen sowohl CDU/CSU als auch die SPD den Vor­schlag prüfen. DIE LINKE spricht sich gegen unseren Vor­schlag aus.  

Unser Posi­ti­ons­pa­pier: Finan­zie­rung von Social Entrepreneurship

Weitere Infos und unser Reform­vor­schlag hier.

Cluster Soziale Innovationen  

Wir fordern die Ent­wick­lung inter­dis­zi­pli­nä­rer Cluster entlang gesell­schaft­li­cher Her­aus­for­de­run­gen sowie den bun­des­wei­ten Aufbau sozia­ler Inno­va­ti­ons­zen­tren. Bestehen­de Pro­gram­me zur Grün­dungs­för­de­rung müssen an die Bedarfe von Social Entre­pre­neurs ange­passt werden. Wie ist Ihre Posi­ti­on dazu? 

Soziale Inno­va­tio­nen ent­ste­hen nicht in einem Vakuum, sondern brau­chen funk­tio­nie­ren­de Öko­sys­te­me. Ein wich­ti­ger Schritt dahin ist der Aufbau von Sozia­len Inno­va­ti­ons­zen­tren und ange­pass­ten Beratungs‑, Qua­li­fi­zie­rungs- und Unter­stüt­zungs­leis­tun­gen, die soziale Inno­va­tio­nen för­der­fä­hig machen. In diesem Punkt sind sich alle Par­tei­en einig. 

Unser Posi­ti­ons­pa­pier: Für eine Gesell­schaft, in der alle Men­schen am Fort­schritt teilhaben

Rechtsform   

60% der Sozialunternehmer:innen bemän­geln die Wahl einer adäqua­ten Rechts­form. Eine Umset­zung vom Rechts­form­vor­schlag der Stif­tung Ver­ant­wor­tungs­ei­gen­tum sowie eine Wei­ter­ent­wick­lung von Genos­sen­schaf­ten im Ein­klang mit der Digi­ta­li­sie­rung würde Abhilfe schaf­fen. Wie ist ihre Posi­ti­on dazu? 

SPD, DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen wollen die recht­li­chen Rah­men­bedingun­gen gemein­wohl­ori­en­tier­tes Wirt­schaf­ten ver­bes­sern. Alle drei Par­tei­en unter­stüt­zen den Rechts­form­vor­schlag der Stif­tung Ver­ant­wor­tungs­ei­gen­tum. Dazu wollen sie prüfen, wie das Genos­sen­schafts­recht an die spe­zi­el­len Anfor­de­run­gen von Social Entre­pre­neurs ange­passt werden kann. Die FDP sehen den Bedarf für eine Ver­bes­se­rung der recht­li­chen Gestal­tungs­op­tio­nen und wollen hierfür Wege über das Gesell­schafts- und Stif­tungs­recht prüfen. Die CDU/CSU sieht keinen Ände­rungs­be­darf. 

Posi­ti­ons­pa­pie­re:

Für eine Gesell­schaft, in der alle Men­schen am Fort­schritt teilhaben

Genos­sen­schaf­ten im digi­ta­len Zeit­al­ter 

Rechts­form­vor­schlag der Stif­tung Ver­ant­wor­tungs­ei­gen­tum  

Öffentliche Beschaffung   

Öffent­li­che Beschaf­fung bietet großes Poten­zi­al zur För­de­rung Sozia­ler Inno­va­tio­nen. Wir fordern die Ent­wick­lung von sozial-öko­lo­gi­schen Kri­te­ri­en und einen bin­den­den Anteil dieser bei der öffent­li­chen Vergabe. Inno­va­ti­ve Lösun­gen sollen besser berück­sich­tigt werden. Wie ist Ihre Posi­ti­on dazu? 

Sowohl SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen erken­nen das Wir­kungspoten­zi­al der öffent­li­chen Hand zur Errei­chung des sozial-öko­lo­gi­schen Wandels und wollen dement­spre­chend sozial-öko­lo­gi­sche Krite­ri­en ins Ver­ga­be­we­sen inte­grie­ren. Die FDP möchte eine gleich­wer­ti­ge Inte­gra­ti­on im Ver­ga­be­we­sen – auf soziale-öko­lo­gi­sche Kri­te­ri­en wurde nicht geson­dert ein­ge­gan­gen. Die CDU/CSU setzt auf einen Büro­kra­tieabbau 

Unser Posi­ti­ons­pa­pier: Für eine Gesell­schaft, in der alle Men­schen am Fort­schritt teilhaben

Open Social Innovation   

Um Expe­ri­men­tier­räu­me für Politik und Ver­wal­tung zu schaf­fen, in denen neue Ideen risi­ko­arm erprobt werden können, fordern wir den Ausbau von Open Social Inno­va­ti­on Pro­zes­sen, bei denen Zivil­ge­sell­schaft, Ver­wal­tung und pri­va­ter Sektor gemein­sam an Lösun­gen arbei­ten. Wie ist Ihre Posi­ti­on dazu? 

Alle Par­tei­en wollen Pro­zes­se auf­set­zen, die eine größere Zusam­men­ar­beit zwi­schen Zivil­ge­sell­schaft, Ver­wal­tung, pri­va­ter Sektor und Wis­sen­schaft fördern, um Lösun­gen für drän­gen­de gesell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen zu erar­bei­ten. Bezogen auf die Aus­gangs­fra­ge sind die Ant­wor­ten von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen am viel­ver­spre­chends­ten, die u.a. die Bereit­stel­lung von Expe­ri­men­tier­räu­men, die wis­sen­schaft­li­che Beglei­tung von Pilot­pro­jek­ten und eine ver­bes­ser­te Durch­läs­sig­keit von Lösun­gen in öffent­li­chen Struk­tu­ren vor­schla­gen.  

Unser Posi­ti­ons­pa­pier: Open Social Inno­va­ti­on als agiler gesell­schaft­li­cher Pro­blem­lö­sungs­pro­zess 

Schnittstelle Öffentliche Verwaltung 

Social Entre­pre­neurs können Wege auf­zei­gen, unsere gesell­schaft­li­chen Systeme fit für die Zukunft zu machen. Um die Anschluss­fä­hig­keit zur öffent­li­chen Ver­wal­tung zu stärken, fordern wir Schu­lun­gen für beide Seiten und den Aufbau orga­ni­sa­tio­na­ler Schnitt­stel­len. Wie ist Ihre Posi­ti­on dazu? 

Um den Wis­sens­trans­fer zwi­schen Sozi­al­un­ter­neh­mer:innen und öffent­li­cher Ver­wal­tung zu ver­bes­sern, fordern CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen den Aufbau orga­ni­sa­tio­na­ler Schnitt­stel­len. Die Grünen und SPD betonen zudem die Wich­tig­keit von Aus­tausch­for­ma­ten, um Inno­va­tio­nen aus der Zivil­ge­sell­schaft besser in bestehen­de Systeme zu inte­grieren. Dagegen hält DIE LINKE weitere orga­ni­sa­to­ri­sche Auf­ga­ben durch die Ver­wal­tung nicht zu bewäl­ti­gen – so wichtig und richtig sie sein mögen. 

Unser Posi­ti­ons­pa­pie­re:

Für eine Gesell­schaft, in der alle Men­schen am Fort­schritt teil­ha­ben 

Open Social Inno­va­ti­on als agiler gesell­schaft­li­cher Pro­blem­lö­sungs­pro­zess 

Foto Header von Mika Baumeister / Unsplash

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