Wahlprüfsteine: Was können Social Entrepreneurs von den Parteien erwarten?
Wahlprüfsteine zum Thema Soziale Innovationen und Social Entrepreneurship
Bereits die Veröffentlichung der Wahlprogramme hat uns viel Vorfreude auf die kommende Legislaturperiode beschert. Eine Verbesserung der Unterstützung von Sozialen Innovationen und Sozialunternehmertum wurde von CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen aufgenommen. Wir freuen uns über die parteiübergreifende Unterstützung und sehen darin großes Potenzial, dass gesellschaftliche Problemlöser:innen mit der nächsten Bundesregierung endlich bessere Rahmenbedingungen bekommen! Mit unseren Wahlprüfsteinen haben wir bei den Parteien noch einmal genauer nachgehakt, welche Maßnahmen sie in den kommenden vier Jahren auf den Weg bringen wollen!
Was sind Wahlprüfsteine?
Wahlprüfsteine sind Anfragen von Interessenverbänden und die darauf erfolgten Antworten der befragten Parteien zu einem bestimmten Thema. Die SEND-Wahlprüfsteine ergeben sich aus unseren wichtigsten Handlungsempfehlungen an die Politik, zusammengefasst in unserem Positionspapier „Social Entrepreneurship: Nachhaltige Wertschöpfung und gesellschaftliche Innovation“. Diese haben wir auf acht Fragen runtergebrochen und bei den Parteien CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen eingereicht.
Im Folgenden stellen wir unsere acht Wahlprüfsteine mit einer kurzen Einschätzung vor. Alle Antworten der einzelnen Parteien auf unsere Fragen findet Ihr im Wortlaut hier.
Farbbedeutung: Unsere Handlungsempfehlungen werden Rot = nicht erfüllt I Gelb = teilweise erfüllt I Grün = größtenteils erfüllt
Soziale Innovationsstrategie & Koordination
Wir fordern den Aufbau einer kohärenten Sozialen Innovationsstrategie, eine ressortübergreifende Koordinationsstelle, sowie eine öffentlich anerkannte Definition für Social Entrepreneurship, basierend auf den bestehenden Vorschlägen aus Wissenschaft und Praxis. Wie ist Ihre Position dazu?
CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich klar für eine soziale Innovationsstrategie und eine ressortübergreifende Koordinierung aus, die dem Querschnittsthema Social Entrepreneurship Rechnung trägt. DIE LINKE bleibt unkonkreter, kann sich aber eine öffentliche Innovationsstrategie vorstellen, die eine Bindung des Mitteleinsatzes an soziale, ökonomische und ökologische Ziele vorgibt.
Unser Positionspapier: Für eine Gesellschaft, in der alle Menschen am Fortschritt teilhaben
Finanzierungs- und Förderinstrumente
Viele Finanzierungs- und Förderinstrumente der Innovations- und Gründungsförderung schließen Social Entrepreneurs aus und benachteiligen sie damit gegenüber anderen Gründer:innen. Dazu fehlt es laut Sustainable Finance Beirat an zielgruppenspezifischen Instrumenten. Wie möchten Sie dies ändern?
SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen wollen sowohl bestehende Finanzierungs- und Förderinstrumente der Innovations- und Gründungsförderung für Sozialunternehmen öffnen als auch neue zielgruppenspezifische Instrumente umsetzen. CDU/CSU möchten eine Öffnung prüfen und sich für die Erprobung zielgruppenspezifischer Finanzierungsinstrumente einsetzen. Da inzwischen viele Studien (u.a. vom BMWi, Sustainable Finance Beirat, Hightech-Forum) den Handlungsbedarf deutlich aufgezeigt haben, sind Erprobung und Prüfung nicht ausreichend. DIE LINKE will die Gründungs- und Innovationsfinanzierung generell neu ausrichten und hierfür gemeinsam mit gemeinwohlorientierten Unternehmer:innen diskutieren und Lösungen auf die Finanzierungsfrage suchen. Auch da hätten wir uns beim aktuellen Wissenstand konkreteres gewünscht.
Unser Positionspapier: Finanzierung von Social Entrepreneurship
Nachrichtenlose Vermögenswerte
Deutschland hat als einziges G7-Land keine Regelung für “nachrichtenlose Vermögenswerte”. Wir schlagen vor, diese Gelder für einen Social Impact Fonds zu nutzen. Hightech-Forum, Sustainable Finance Beirat und BMWi-Beirat junge digitale Wirtschaft unterstützen dies. Wie ist Ihre Position dazu?
Während sich Bündnis 90/Die Grünen und FDP deutlich für einen Social Impact Fonds aussprechen, der über “nachrichtenlose Vermögenswerte” und damit ohne eine Belastung der Steuerzahler:innen erfolgen soll, wollen sowohl CDU/CSU als auch die SPD den Vorschlag prüfen. DIE LINKE spricht sich gegen unseren Vorschlag aus.
Unser Positionspapier: Finanzierung von Social Entrepreneurship
Weitere Infos und unser Reformvorschlag hier.
Cluster Soziale Innovationen
Wir fordern die Entwicklung interdisziplinärer Cluster entlang gesellschaftlicher Herausforderungen sowie den bundesweiten Aufbau sozialer Innovationszentren. Bestehende Programme zur Gründungsförderung müssen an die Bedarfe von Social Entrepreneurs angepasst werden. Wie ist Ihre Position dazu?
Soziale Innovationen entstehen nicht in einem Vakuum, sondern brauchen funktionierende Ökosysteme. Ein wichtiger Schritt dahin ist der Aufbau von Sozialen Innovationszentren und angepassten Beratungs‑, Qualifizierungs- und Unterstützungsleistungen, die soziale Innovationen förderfähig machen. In diesem Punkt sind sich alle Parteien einig.
Unser Positionspapier: Für eine Gesellschaft, in der alle Menschen am Fortschritt teilhaben
Rechtsform
60% der Sozialunternehmer:innen bemängeln die Wahl einer adäquaten Rechtsform. Eine Umsetzung vom Rechtsformvorschlag der Stiftung Verantwortungseigentum sowie eine Weiterentwicklung von Genossenschaften im Einklang mit der Digitalisierung würde Abhilfe schaffen. Wie ist ihre Position dazu?
SPD, DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen wollen die rechtlichen Rahmenbedingungen gemeinwohlorientiertes Wirtschaften verbessern. Alle drei Parteien unterstützen den Rechtsformvorschlag der Stiftung Verantwortungseigentum. Dazu wollen sie prüfen, wie das Genossenschaftsrecht an die speziellen Anforderungen von Social Entrepreneurs angepasst werden kann. Die FDP sehen den Bedarf für eine Verbesserung der rechtlichen Gestaltungsoptionen und wollen hierfür Wege über das Gesellschafts- und Stiftungsrecht prüfen. Die CDU/CSU sieht keinen Änderungsbedarf.
Positionspapiere:
Für eine Gesellschaft, in der alle Menschen am Fortschritt teilhaben
Genossenschaften im digitalen Zeitalter
Rechtsformvorschlag der Stiftung Verantwortungseigentum
Öffentliche Beschaffung
Öffentliche Beschaffung bietet großes Potenzial zur Förderung Sozialer Innovationen. Wir fordern die Entwicklung von sozial-ökologischen Kriterien und einen bindenden Anteil dieser bei der öffentlichen Vergabe. Innovative Lösungen sollen besser berücksichtigt werden. Wie ist Ihre Position dazu?
Sowohl SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen erkennen das Wirkungspotenzial der öffentlichen Hand zur Erreichung des sozial-ökologischen Wandels und wollen dementsprechend sozial-ökologische Kriterien ins Vergabewesen integrieren. Die FDP möchte eine gleichwertige Integration im Vergabewesen – auf soziale-ökologische Kriterien wurde nicht gesondert eingegangen. Die CDU/CSU setzt auf einen Bürokratieabbau.
Unser Positionspapier: Für eine Gesellschaft, in der alle Menschen am Fortschritt teilhaben
Open Social Innovation
Um Experimentierräume für Politik und Verwaltung zu schaffen, in denen neue Ideen risikoarm erprobt werden können, fordern wir den Ausbau von Open Social Innovation Prozessen, bei denen Zivilgesellschaft, Verwaltung und privater Sektor gemeinsam an Lösungen arbeiten. Wie ist Ihre Position dazu?
Alle Parteien wollen Prozesse aufsetzen, die eine größere Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft, Verwaltung, privater Sektor und Wissenschaft fördern, um Lösungen für drängende gesellschaftliche Herausforderungen zu erarbeiten. Bezogen auf die Ausgangsfrage sind die Antworten von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen am vielversprechendsten, die u.a. die Bereitstellung von Experimentierräumen, die wissenschaftliche Begleitung von Pilotprojekten und eine verbesserte Durchlässigkeit von Lösungen in öffentlichen Strukturen vorschlagen.
Unser Positionspapier: Open Social Innovation als agiler gesellschaftlicher Problemlösungsprozess
Schnittstelle Öffentliche Verwaltung
Social Entrepreneurs können Wege aufzeigen, unsere gesellschaftlichen Systeme fit für die Zukunft zu machen. Um die Anschlussfähigkeit zur öffentlichen Verwaltung zu stärken, fordern wir Schulungen für beide Seiten und den Aufbau organisationaler Schnittstellen. Wie ist Ihre Position dazu?
Um den Wissenstransfer zwischen Sozialunternehmer:innen und öffentlicher Verwaltung zu verbessern, fordern CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen den Aufbau organisationaler Schnittstellen. Die Grünen und SPD betonen zudem die Wichtigkeit von Austauschformaten, um Innovationen aus der Zivilgesellschaft besser in bestehende Systeme zu integrieren. Dagegen hält DIE LINKE weitere organisatorische Aufgaben durch die Verwaltung nicht zu bewältigen – so wichtig und richtig sie sein mögen.
Unser Positionspapiere:
Für eine Gesellschaft, in der alle Menschen am Fortschritt teilhaben
Open Social Innovation als agiler gesellschaftlicher Problemlösungsprozess
Foto Header von Mika Baumeister / Unsplash
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